Das Ringen um Wahrheit
Das Motto des diesjährigen Kongress der Jehovas Zeugen lautet: „Dein Wort ist Wahrheit“
Es steht zu hoffen, dass die Wahrheit, so wie man sie uns durch das Wort Gottes anträgt, auch wirklich als Grundlage für unseren Glauben vermittelt wird.
Leider zeigt die Erfahrung, dass dies in der Vergangenheit zunehmend weniger der Fall war.
Wenn Glaube und Hoffnung mit der Wahrheit nicht untrennbar verbunden bleiben, verkommt beides zur bloßen Leichtgläubigkeit und Einbildung. Wer die biblisch begründete Basis für Glauben und Hoffnung verwässert, macht sich bei den Gläubigen der schwindenden Wertschätzung für die Bedeutung der Wahrheit schuldig.
Wir als Zeugen Jehovas sind in der Regel aufrichtig bemüht die „Wahrheit“ zu finden und zu erkennen, und auch der „treue und verständige Sklave“ fordert uns auf die Bibel zu lesen und zu studieren.
Studieren ist ein bei den Zeugen häufig strapazierter Begriff: Bibelstudium, persönliches Studium, Familienstudium und Heimbibelstudium gehören zum praktischen Glaubensalltag eines jeden eifrigen Zeugen.
Doch fragen wir uns einmal ernsthaft, was und wie wir studieren oder womit wir uns Woche um Woche für zahlreiche Stunden wirklich befassen? Warum unterziehen wir uns dieser Fleißaufgabe?
Und wie sollten wir beim Studieren vorgehen, damit unser persönlicher Glaube und unsere persönliche Überzeugung gestärkt werden?
Zunächst müssen wir festhalten, dass das Wort „Studieren“ in der Bibel so nicht vorkommt. Vielmehr verwendet sie Synonyme wie forschen, Erkenntnis suchen, graben wie nach verborgenen Schätzen u. ä. Diese Vokabeln beschreiben besser, worum es uns gehen sollte.
Beim „studieren“ beschränkt man sich überwiegend darauf Wissen über ein Thema zu mehren. Von Jehovas Zeugen erwartet der Sklave, dass sie für ihr privates Bibelstudium ausschließlich die Publikationen der Wachtturmgesellschaft als Grundlage und Anleitung ihrer Studien benutzen. Es ist verpönt, die Bibel unabhängig von der vorgegebenen Literatur, gleichsam auf eigene Faust zu studieren; wer es dennoch tut, macht sich des Strebens nach Unabhängigkeit von der Organisation verdächtig und wird als potentieller Störenfried der unbedingt aufrechtzuerhaltenden Einheit, oder genauer der Uniformität betrachtet.
Doch die Bibel fordert uns dazu auf selbst nachzuforschen. Beim „Forschen und Suchen“ geht es darum, auf offene Fragen und ungeklärte Zusammenhänge zufriedenstellende Antworten zu finden. Ein Student, der sich einem bestimmten Thema widmet, will sich irgendwann einer Prüfung stellen und sein aufgenommenes Wissen wiedergeben. Ein Zeuge, der seinen Wachtturm studiert, tut dies in gleicher Weise, um bei der gemeinsamen Betrachtung in seiner Versammlung einen Kommentar geben zu können. Fällt dieser erwartungskonform nach der vorgegebenen Lehrmeinung aus, wird der Zeuge wenn nicht benotet, so doch gelobt, woraus ihm ein weiterer Ansporn erwächst in dieser Weise fortzufahren.
Sollte er wiederholt Kommentare geben oder Fragen stellen, die vom gerade behandelten Thema im Wachtturm oder gar insgesamt vom Lehrgebäude der LK zu sehr abweichen, wird er entweder nicht mehr aufgerufen oder gar zur Rede gestellt.
Ein echter Bibelforscher möchte Fragen klären, Zusammenhänge und Hintergründe verstehen, die ihn bewegen, und dafür biblisch begründete Antworten finden, die auch kritischen Bemerkungen standhalten. Deshalb nannten sich die Zeugen Jehovas ursprünglich ja auch „Bibelforscher“ und nicht „Bibelstudierer“.
Hier haben wir schon die Antwort auf die Frage, weshalb wir studieren: Es geht darum den persönlichen Glauben auf ein solides biblisches Fundament zu stellen und dabei nicht auf Konstrukte und Hilfserklärungen zurückzugreifen, die man kritiklos von dort übernommen hat, wo unreflektiert gewisse Vorlieben für unwahre, pseudoreligiöse Vorstellungen gehegt werden.
Es geht also keineswegs nur um abfragbares Wissen, das mir als Lernstoff sklavisch eingetrichtert wird.
Sogar Glaubenskonflikte können uns stärken, wenn man sie anhand von gedanklichen Querverbindungen mit bereits bekannten biblischen Aussagen durch längerfristiges intensives Nachdenken selbst löst. Hat man einmal einen mühsam erarbeiteten Gedankengang zur Erhellung unverstandener Textstellen selbst erarbeitet, wird man diesen Lehrpunkt so schnell nicht mehr vergessen; er stärkt den Glauben weit mehr, als es die „Kugelschreiber-Streichkonzerte“ jemals tun können, mit welchen die Zeugen Woche für Woche etwas mehr Farbe in die Studienabschnitte ihrer Wachtturmausgabe zu bringen pflegen.
Was mich wirklich weiterbringt, muss ich mir im Falle komplexerer Zusammenhänge schon selbst erarbeiten wollen denn nur dann kann ich davon ausgehen, dass der Geist Gottes wirken kann, wogegen Hinweise von anderen immer nur Anstöße und Hinweise sein können. Für das echte Verständnis kommt man ohne wiederholtes genaues Lesen und ständiges Nachdenken über den Bedeutungsumfang einzelner Begriffe und ihren Zusammenhang, über den Inhalt von Aussagen und seine Bedeutung mit dem Ziel den Sinn davon zu erfassen nicht wirklich voran.
Was mich zu dieser geistigen Arbeit antreibt, muss in mir brennen und ein aufrichtiges Verlangen danach sein, immer mehr immer besser zu verstehen, um bereits Erlerntes damit verknüpfen zu können. Natürlich ist es für alle Beteiligten förderlich, wenn sie sich der Ergründung tieferer Erkenntnis im kleinen Kreise treffen und sich ohne den Maulkorb und ohne ein Herz in Fesseln geistig gegenseitig befruchten. Erst die Fülle dieser Mosaiksteinchen ergibt in Summe jenes Bild einer Glaubensfestigkeit, das unter prüfungsreichen und gebetsbegleiteten Situationen die nötige Kraft zum Ausharren verleiht. Nur einen antrainierten Lernstoff wiederzukäuen kann diese Qualität dagegen nicht hervorbringen.
Im WT v. 1. 9. 2004 Abs. 13 wird darauf ganz richtig wie folgt verwiesen: „Timotheus hat sich überzeugt von der christlichen Lehre, ist nicht gezwungen worden von seinen Müttern und deshalb schrieb Paulus: „Jeder Mensch sei in seinem eigenen Sinn völlig überzeugt.“ (Römer 14:5b).
Im WT v. 15.3.1998 S. 18 unter dem Thema „Wessen Sklave möchte man sein? lesen wir: „Wo der Geist Jehovas ist, da ist Freiheit“ (2. KORINTHER 3:17).
… Deshalb vertrauen wir auf Gottes Wort und auf seinen heiligen Geist. Jehovas Zeugen leben mit ungeteiltem Herzen ihre christliche Hingabe im Rahmen der von Gott erhaltenen Freiheit aus….
Das hört sich gut und richtig an. Doch wird dies in der Praxis auch wirklich so umgesetzt? Schon im Abs. 4 wird gezeigt, was man darunter versteht: … deshalb achten Jehovas Zeugen sorgfältig darauf, wie sie sich ausdrücken. Statt zu sagen: „Die Gesellschaft lehrt …“, verwenden viele Zeugen Jehovas Formulierungen wie: „In der Bibel heißt es …“ oder: „Gemäß meinem biblischen Verständnis …“ Dadurch weisen sie nachdrücklich auf die persönliche Entscheidung hin, die jeder Zeuge Jehovas bei der Annahme biblischer Lehren getroffen hat, und vermeiden es außerdem, den falschen Eindruck zu erwecken, Jehovas Zeugen würden irgendwie dem Diktat einer religiösen Sekte unterliegen“.
Im Klartext wird hier gesagt “ gib deinen Kommentar zwar aus dem Wachtturm, so wie es dort steht, aber formuliere ihn bitte so, als ob dies deine eigene Überzeugung sei“.
Abs. 6 „Ein Zeuge Jehovas zeigt …, dass er biblische Lehren in eigenen Worten darlegen kann. Dadurch, dass er nicht mehr nur das wiederholt, was andere formuliert haben, liefert er den Beweis, dass er seine Denkfähigkeit weiterentwickelt.
Hier wird doch die eigene Denkfähigkeit auf die bloße Umformulierungsarbeit vorgegebener Gedanken in eigenen Worten reduziert und unzulässiger Weise als Beleg der eigenen Denkfähigkeit bewertet.
Weiter wird gesagt: Bedeutet die Aufsichtsstellung der leitenden Brüder (jetzt der t.u.v. Sklave), dass wir uns auf sie berufen können für das, was wir glauben?
Auf keinen Fall, denn Paulus schrieb an die Christen in Rom: … Denn wir werden alle vor dem Richterstuhl Gottes stehen; … jeder von uns [wird] für sich selbst Gott Rechenschaft ablegen.“ Römer 14:10-12.
Sind wir uns dessen bewusst, was das bedeutet? Da können wir uns nicht mehr auf den Wachtturm berufen oder darauf, was wir gelehrt wurden und glauben müssen, ohne dem widersprechen zu dürfen.
Wie also sollten wir „studieren“?
Wer es gewohnt ist, nur vorgefertigte Fragen zu stellen und gedruckte Antworten abzulesen, also „Milch zu sich nimmt“, kommt in seiner persönlichen Glaubensüberzeugung nicht weiter, sondern bleibt weiter nur Spielball einer Lehrmeinung, ohne sich dabei seiner eigentlichen Schwäche bewusst zu sein.
Warum also in der Bibel forschen und graben? Paulus
gibt die Antwort: „Um in seinem eigenen Sinn völlig überzeugt zu sein“ – was wir jetzt bitte nicht mit Eigenwilligkeit verwechseln wollen, denn das hat nichts miteinander zu tun!
Wie könnte man also sein persönliches Studium verbessern, damit man „in seinem eigenen Sinn völlig überzeugt sein kann“?
Wir müssen hierzu alle Mittel nutzen, die uns zur Verfügung stehen, um unser Verhältnis zu Gott und seinem Sohn Jesus Christus zu klären. Erklärende Sekundärliteratur aus anderen Quellen kann dabei durchaus hilfreich sein, wobei freilich festzustellen ist, dass nicht alles, was uns durch den „Sklaven“ zur Verfügung gestellt wird, von vorneherein abzulehnen ist.
Auf der letzten Ältestenschulung
wurde ermuntert vermehrt die „Studienbibel der NWÜ“ einzusetzen. Sie ist tatsächlich ein gutes Hilfsmittel, um die mitunter missverständlichen und tendenziellen Textwiedergaben der Standartausgabe
der Neuen Weltübersetzung richtigzustellen.
Anhand zweier Beispiele möchte ich dies einmal verdeutlichen: Johannes 17:3, ein Text, der jedem Zeugen vom persönlichen Studium her bekannt sein dürfte. „Dies bedeutet ewiges Leben, Erkenntnis über Gott und Jesus Christus zu erlangen.
In dieser Lesart, könnten wir denken die „Erkenntnis“ oder das Wissen über Gott und Christus würde uns Leben bringen. Diese Ansicht hat man uns schon immer so gelehrt. Doch ist die eigentliche Textbedeutung damit wirklich richtig wiedergegeben und unzweideutig zu verstehen?
Paulus sagte „Erkenntnis ist Stückwerk, Erkenntnis bläht auf.“ Ist das nicht ein Widerspruch?
In der Studienbibel der NWÜ lesen wir hierzu alternativ „fortgesetzt erkennen“!
Das ist ein großer Unterschied. Die Juden hatten auch Erkenntnisse und Wissen über Gott und den verheißenen Messias, aber diese Erkenntnis alleine brachte ihnen kein Leben.
Sie erkannten Jesus nicht als den Sohn Gottes an und damit auch nicht den Vater, wie er wirklich ist. Eine Person als das „zu erkennen“, was sie ist, und sie dann in ihrer Gesamtheit und Autorität „anzuerkennen“ ist etwas erheblich anderes als nur „Erkenntnis“ über sie zu besitzen.
Jesus fragte seine Jünger, „und ihr, was meint ihr, wer ich bin? Petrus sagte: du bist der Sohn Gottes, der verheißene Messias! Was erwiderte Jesus darauf? „Dies hat dir der heilige Geist geoffenbart“.
Mithilfe der Studienbibel oder auch anderer Übersetzungen der Bibel kommen wir zu einem tieferen und besseren Verständnis und distanzieren uns von der oft einseitigen und daher mangelhaften Erklärung der WT-Gesellschaft, die mit diesem Vers aus Johannes 17:3 und ihrer Übersetzung nur zum studieren ihrer eigenen Schriften auffordert.
Ein weiteres Beispiel aus Hebr. 5:8,9 bringt uns die Bedeutung der eigenen Nachforschungsarbeit nahe:
„Obwohl er Sohn war, lernte er Gehorsam durch die Dinge, die er litt; und nachdem er vollkommen gemacht worden war, wurde er für die ewige Rettung all derer verantwortlich, die ihm gehorchen. NW
Der Sklave bringt uns mit diesem Text gerne nahe, unter seiner Führung Gehorsam lernen zu müssen wie auch Jesus Christus es hier auf der Erde tat; zumindest scheint Paulus uns dies hier sagen zu wollen, oder etwa doch nicht?
Zwei Fragen kommen jedem Bibelforscher sofort in den Sinn; hier zunächst die erste:
„War Jesus seinem Vater nicht schon immer gehorsam, oder musste er erst durch Leiden „Gehorsam“ lernen?
Hatte Jehova ihm geboten sich zu opfern und für die Menschen zu leiden? Diese Schlussfolgerung ist abwegig. Er handelte zwar im Auftrag und im Geist Jehovas, aber in Johannes 10:18 lesen wir auch:
„Deshalb liebt mich der Vater, weil ich meine Seele hingebe, damit ich sie wiederempfange. Niemand hat sie mir weggenommen, sondern ich gebe sie aus eigenem Antrieb hin. Ich habe Gewalt, sie hinzugeben, und ich habe Gewalt, sie wieder zu empfangen. Das Gebot darüber habe ich von meinem Vater empfangen.“
Andere Übersetzungen helfen uns diesen anscheinenden Widerspruch aufzulösen – Einheits/ NeG/Luth/Schlachter/GN.
„Obwohl er Gottes Sohn war, hat er an dem, was er durchmachen musste, gelernt, was Gehorsam bedeutet“. Er hatte gelernt, was Gehorsam an Leiden und Schwierigkeiten alles so mit sich bringen kann. Das ist ein völlig anderer Gedanke, der hier nicht auf den Gehorsam selbst abzielt sondern auf dessen mögliche Konsequenzen gerade in einem feindlich gesinnten Umfeld.
Hier die zweite Frage, die in Verbindung mit diesem Vers auftaucht: Hatte Jesus erst nach seinem Leiden und seinem Tod Vollkommenheit erlangt? War er denn nicht schon seit Geburt an vollkommen?
Die Studienbibel der NWÜ sagt zu Vers. 9 „Doch jetzt, wo er zur Vollendung gelangt ist, …“ Nachdem er also sein Werk vollendet hatte, wurde er der Erlöser und Retter der Menschen.
Solche Feinheiten helfen uns Gott und Jesus Christus über ihre Handlungsweise fortgesetzt besser zu erkennen. Nur so kannst du in deinem eigenen Sinn völlig überzeugt“ werden. (Römer 14:5b).
Die Wachtturm-Organisation führt in ihrem Programm natürlich auch gute Hilfsmittel für das eigene Bibelstudium, wie zum Beispiel das Buch „Hilfe zum Verständnis der Bibel“. Ihre Literatur hält für jeden aufrichtigen Christen treffende Aussagen über die angemessene Handlungsweise von Christen, über Mitgefühl, Mitleid, Bescheidenheit, demütiges Einräumen von Fehlern und ähnliche Charaktereigenschaften, die zur Nachahmung empfohlen werden, bereit.
Die Schwierigkeit liegt bei uns Menschen ja gerade in der praktischen Umsetzung, und so wird häufig das, was gesagt wird, selbst nicht getan (Matthäus 23:3). Es ist nicht so, dass man um die Wahrheit nicht bemüht wäre oder an Menschen kein Interesse zeigen würde. Doch werden Menschen schließlich derart bedingungslos den angeblich vorrangigen Interessen der Organisation untergeordnet, dass sie als individuelle Christen nahezu „entbehrlich“ werden.
Zweifellos gibt es unter den Zeugen Jehovas viele intelligente und einfühlsame Menschen, Männer wie Frauen. Vielleicht sind auch einige Mitglieder der leitenden Körperschaft darunter, die eine ganze Menge schwerwiegender Irrtümer in den Lehren der Organisation und ihrer Anwendung erkennen. Doch obwohl sie das wissen, unterstützen diese Personen die Organisation weiterhin als Gottes auserwähltes Werkzeug auf Erden.
Ihr Denkvermögen wird abgestumpft, unterdrückt und muss ständig nach Ausflüchten und Rationalisierungen für Fehler suchen. Die Autoren arbeiten häufig in dem Bewusstsein ihre Gedanken müssten sich mit den Glaubenssätzen der Organisation, ihren Ansichten und mit dem jeweils herrschenden Geist decken.
Die meisten dieser Männer halten auf Kongressen Ansprachen mit Aussagen und Begründungen, die sie selbst für falsch halten. Darunter leidet ihre Lauterkeit. Sie spielen eine Rolle, für die sie sich verbiegen müssen und in welcher sie vor sich selbst nicht mehr aufrichtig sein können.
Wenn sich jemand erstmals an einem durchstrukturierten Programm der Wachtturm-Organisation beteiligt hat, gibt man ihm das Gefühl, sein Glaube an Gott zeige sich in der Befolgung dieses Programms. Neben dem Aktivitätspaket bestehend aus Zusammenkünften und Predigtdienst folgen sein Verhalten insgesamt, seine Sprache, seine Taten und seine Haltung bald einem festgefügten Muster. Dabei bleibt die eigene Glaubensüberzeugung rasch auf der Strecke, weil es nicht geduldet wird, wenn man sich seine eigenen Gedanken macht oder unerwünschte Fragen stellt.
Mit der Zeit reagieren die Zeugen überempfindlich auf jede Äußerung oder Bemerkung, die auch nur im Entferntesten von den Normen und der Linie der Organisation abzuweichen scheinen. Sie geraten geradezu in Panik, wenn sie hören, dass du diese oder jene Erklärung nicht akzeptierst und damit aus dem „geistigen Paradies“ auszubrechen versuchst.
Auch das Verhalten gegenüber früheren Freunden und Nachbarn ändert sich ganz schnell und radikal, da von einem Zeugen erwartet wird, dass er sie alle als „Weltmenschen“ betrachtet und den Kontakt zu ihnen möglichst ganz unterbindet.
Er wird jetzt von einem ganzen Bündel an Vorschriften und Richtlinien abhängig, die seine Berufstätigkeit, sein Verhältnis zu den Menschen im täglichen Umgang, sogar zu den Verwandten, die keine Zeugen sind, seine Freizeit, den Lesestoff und nahezu alle Aspekte seines Lebens durchdringen.
Bei einer derartig umfassenden Änderung des früheren Verhaltens besteht die Tendenz, für den Rest an Vorbehalten nichtgebilligter Punkte Rationalisierungen zu finden, um es mit der geforderten Konformität und der hochgeschätzten Einheit in Einklang zu bringen und zu rechtfertigen. Nur so kommt man zu einem relativen, aber sehr zerbrechlichen inneren Gleichgewicht, doch hat das seinen Preis.
Obwohl die meisten eine eigene Wohnung und eine Familie haben und einer weltlichen Arbeit nachgehen, ist die Kontrolle der Verhaltensmuster gegenüber allen Zeugen sehr ausgeprägt. Damit verfügt die Organisation über ein Heer an Spitzeln und Kontrolleuren, die ihr dabei behilflich sind alle auf Linie zu halten. Wer als Mitarbeiter in der Weltzentrale oder in den Zweigbüros als Teil einer „Bethelfamilie“ mitwirkt, in mehrgeschossigen Gebäuden mit Hunderten anderer Glieder zusammenlebt, mit ihnen täglich in großen Speisesälen seine Mahlzeiten einnimmt und von früh bis spät von Menschen umgeben ist, die sich alle an vorgeschriebenen Verhaltensmustern orientieren, steht unter totaler Kontrolle!
Der innere Zwang, den man nicht mehr realisiert, das Denken, die Einstellung und die Wertmaßstäbe dem Muster anzupassen, ist bei ihnen besonders stark ausgeprägt. Ein Ausscheren aus dem Zwangskorsett würden sie als „Spaltung“ empfinden, die sie nicht ertragen könnten, und so nehmen sie lieber ihre Gefangenschaft im eigentlichen Wortsinn in Kauf, ohne sich darüber im Klaren zu sein, als sich dagegen aufzulehnen.
Die bedingungslose Anpassungsbereitschaft, Gedanken und Gefühle einem strikten Verhaltensmuster unterzuordnen, erklärt auch ihre abwehrenden Reaktionen: weist man sie auf eindeutige Irrtümer in den Lehren und Richtlinien der Organisation hin, werden sie als unerheblich beiseitegeschoben oder schlicht ignoriert.
In einem Buch zum Thema Gedankenkontrolle heißt es: Ein weiteres Schlüsselelement der Gedankenkontrolle besteht darin, die Anhänger darauf zu trainieren, jegliche kritische Information über die Gruppe abzublocken. Die normalen Verteidigungsmechanismen des Individuums werden dahingehend verdreht, die neue Sektenidentität gegen die alte Identität zu verteidigen. Die erste Verteidigungslinie beinhaltet Leugnung („Was Sie behaupten, geschieht gar nicht“) und Rationalisierung („Dies geschieht aus einem guten Grund“). Danach erfolgt die Rechtfertigung („Dies geschieht, weil es geschehen soll“) und Wunschdenken im Sinne einer „self-fulfilling prophecy“ („Ich möchte, daß es stimmt, also stimmt es vielleicht wirklich“).
Empfindet ein Sektenmitglied eine Information als Angriff auf den Sektenführer, die Lehre oder die Gruppe, verschanzt es sich sofort hinter einer Mauer aus Abwehr und Feindseligkeit. Die Mitglieder werden darauf gedrillt, jede Kritik als unwahr, als weit hergeholt oder gar als Angriff des Widersachers zu halten.
Auch der diesjährige Bezirkskongress zielt wieder voll darauf ab Kritiker der „Wachtturmorganisation und ihrer Wahrheit“ zu diffamieren.
Zu den am höchsten geschätzten Gefühlen zählen andererseits Loyalität und Hingabe. … Die Glieder der Versammlung dürfen miteinander niemals den Führer, die Doktrin oder die Organisation kritisieren. Sie müssen sich gegenseitig bespitzeln und unziemliche Äußerungen oder Aktionen sogleich der Führung melden. … Jeder Kontakt mit Ehemaligen oder Kritikern muss zur Wahrung der Machtposition der LK streng gemieden werden.
Das oben zitierte Buch geht nicht ausdrücklich auf Zeugen Jehovas ein, sie werden darin nicht einmal erwähnt; doch die Schilderung passt exakt auf ihre Situation und das Bild, das sie nach außen abgeben, wie auch auf zahlreiche andere Sekten.
Die Wahrheit, von der die Bibel spricht, ist weder rein intellektueller Natur noch besitzt sie einen akademischen Anspruch. Sie geht weit über das bloße Interesse an ihr Kritik zu üben hinaus, ob der dargelegte Stoff nun den Tatsachen entspricht oder nicht. Sie durchdringt nicht nur das Denken, sondern beeinflusst neben den Motiven auch die eigene Handlungsweise, wie man sich anderen gegenüber verhält oder welchen Einfluss man auf sie ausübt und vieles mehr.
Wem wirklich an der Wahrheit gelegen ist, der wird sich in all diesen Bereichen um ein ehrliches Verhalten bemühen. Er wird alles tun, um auf seine Fragen klare Antworten zu finden, indem er die Bibel nicht nur im Sinne der Organisation studiert und beim Blick durch ihre Brille ihre Interpretationen ungeprüft übernimmt, sondern mit eigenem Sinn und Verstand vorgeht und unter Ausschöpfung aller Mittel und Möglichkeiten, die ihm zur Verfügung stehen.
Wenn wir aber gegenüber uns selbst unaufrichtig sind und uns weigern, den unausweichlichen Tatsachen ins Auge zu sehen, werden wir es kaum vermeiden können, auch anderen gegenüber unaufrichtig zu werden, was bereits die Vorstufe zur Lüge ist. Das ist der Grund, warum diejenigen, die für die Organisation als Autoren tätig sind, es sich erlauben können, Lesestoff zu präsentieren, der nicht nur nicht den Tatsachen entspricht, sondern vielfach im eigenen Geist der Unaufrichtigkeit zu Papier gebracht wird.
Die Wahrheit dafür zu missbrauchen, die Fehler in den Glaubensgebäuden anderer aufzudecken, so wie es die Wachtturmorganisation gerne tut, zeugt nicht gerade von echter Wahrheitsliebe. Unsere Wahrheitsliebe ist wirklich erst dann echt, wenn wir für aufgedeckte Fehler in unserem eigenen Glaubensgebäude dankbar sind, weil sich erst damit die Möglichkeit nötiger Korrekturen im Sinne der Wahrhaftigkeit ergeben.
Dies gilt natürlich auch für uns hier, die wir auf Bruderinfo weiterhin um die Wahrheit ringen.
alfredo
Juli 11, 2013Wer ist die Wahrheit ?ihr sucht die Wahrheit die Wahrheit ist Jesus er ist der weg und er ist das leben so steht geschrieben man braucht heute keine Religion keine Gemeinschaft oder Sekte um zu Gott zu kommen den nur durch Jesus kommen wir zum Vater.
pit an alfredo
Juli 11, 2013hallo alfredo, erstmal willkommen.
da hast du schon recht. bestreitet hier auch niemand.
aber es werden viele „Wahrheiten“ über den Herrn und sein Wort verbreitet. und da stimmen so einige nicht.
Elke
Juli 11, 2013Da hast du sehr recht lieber alfredo, das ist die Zusammenfassung für Christ-sein.
Liebe Grüße und einen schönen Abend
Elke
Mani an Manfred
Juli 11, 2013Lieber Manfred!
Hast Du meinen Antwortkommentar übersehen?
http://www.bruderinfo.de/?p=1303&cpage=2#comment-71764
Liebe Grüße
Mani
Zadok/Achim
Juli 11, 2013Hallo Mani,
hast du nicht gelesen, dass Manfreds Sohn schwer krank ist?
Ich gehe mal schwer davon aus, das er wichtigeres zu tun hat, als deine Spitzfindigkeiten zu kommentieren.
Kopfschüttelnd
Achim
Br. Bird
Juli 11, 2013Hi Achim,
Denke du hast das Datum von Mani überlesen. 🙂
LG
Bird
Zadok/Achim
Juli 11, 2013Lieber Bird,
das hast du recht – 🙁
Lieber Gruß
Achim
Br. Bird
Juli 11, 2013Kopf hoch Achim, sonst geht es immer mir so,:-) aber es zeigt die Betroffenheit an Manfred.
Ganz liebe Grüße
Bird
Jürgen
Juli 11, 2013Wow! Sollten diese Sätze über „Abtrünnige“ auf dem Kongress wirklich so gefallen sein, finde ich das starken Tobak!
Auszug aus oben von Gerd angeführter Quelle:
„Ihr „plumpes intellektuelles Niveau“ lohne nicht die Auseinandersetzung“.
Wenn man bedenkt, was die Bibel unter Abtrünnigkeit versteht und wie die WTG einen Abtrünnigen definiert, …wurde ja schön in der Abhandlung `Vorsicht Abtrünnige` hier auf BI vom Autor Bruder herausgestellt, dann kriegt das `ne ganz besondere Würze.
…und dann wieder die absolute Autorität WTG:
„Wenn Jehova und seine Organisation uns vor etwas warnt, müssen wir das unbedingt beachten“
In welches Licht wird hinsichtlich solcher Sätze wohl JHWH und Jesus gerückt? 😉
W M.L
Juli 11, 20132. August Hallo Jürgen
Zitat aus der Augsburger Allgem.v. Alois Knoller
Ja, diese harten Worte sind tatsächlich gefallen ,er sagte die Abtrünigen hätten ein total „vergiftetes Denken und Verunreinigendes Gedankengut“ Klaus Kronschnabel hieß der KA.20 Jahre im Vollzeitdienst und er klang trotz seines senoren Bayrisch gar nicht gemütlich. Er sagte: Stolz habe die Abtrünigen vom Weg abgebracht“Eifersucht und Verbitterung frisst sich in Ihren Herzen fort .Ihr „plumpes intellektuelles Niveau „lohne nicht der Auseinandersetzung:,Man muss sich mit ihren Argumenten nicht befassen „betont Kronschnabel .Abtrünnige seien eben nicht „von unserer Art “ Zitat Ende !…Zu den Täuflingen sagte er mit besonderer Betonung sie müssten absoluten Gehorsam Bewahren ,wenn es um Abtrünige ginge,und sie würden geistige Fortschritte machen ,allerdings gillt es zu gehorchen .“Wenn Jeh. u. seine Org. uns vor etwas warnt,müssen wir es beachten sagte er mit einen Verschärften Unterton!…
Lb.Gr.M.
Frank und Frei
Juli 11, 2013wie sagte Dr Josef Goebbels: man muss nur kräftig mit Dreck werfen, etwas bleibt immer hängen.
Wenn man sich sachlich nicht auseinander setzen kann, geht man über auf die persönliche Ebene.
Der Wachtwurm ist zu einem primitiven Schlaginstrument verkommen.
Und seine Fürsten werden bald baumeln lernen, wenn sie im luftleeren Raum hängen, den das Leben ihnen bereitet
Amalie
Juli 11, 2013Satan ist der Chef in der Giftküche
Die Dämonen und Abtrünnige sind seine Küchenhelfer!
So wurde es Wort wörtlich gesagt auf diesem Kongress
Matthäus
Juli 11, 2013…dazu gab Petr. einmal einen guten Rat:
Darum fürchtet euch nicht vor dem Leid, das euch die Menschen zufügen, und lasst euch von ihnen nicht einschüchtern. 15 Christus, der Herr, soll der Mittelpunkt eures Lebens sein. Seid immer dazu bereit, denen Rede und Antwort zu stehen, die euch nach eurem Glauben und eurer Hoffnung fragen.
16 Begegnet ihnen freundlich und mit Respekt. Ihr sollt ein gutes Gewissen haben! Dann nämlich werden alle, die Lügen über euch verbreitet haben, beschämt sein. Sie werden erkennen, dass sie Menschen verleumdet haben, die in der Verbundenheit mit Christus ein vorbildliches Leben führen. 17 Es ist doch besser – wenn Gott es so will -, für das Gute zu leiden als für etwas Schlechtes!
Also die Zeit wird alles ans Licht bringen, wenn man etwas in der jüngeren Vergangenheit (die vielen Lehrzitate der LK) kramt ist es bereits ans Licht gekommen WER die wahren Abtrünnigen sind.
lg. Matthäus
Matthäus
Juli 11, 2013Auch dazu gibt es ein schönes Bibelwort:
Hebr. 13:8 Jesus Christus ist und bleibt derselbe, gestern, heute und für immer. 9 Darum lasst euch nicht durch alle möglichen Lehren in die Irre führen. Es ist das Größte, wenn jemand seine ganze Hoffnung auf Gottes Gnade setzt und sich durch nichts davon abbringen lässt. Fest im Glauben wird man nicht, indem man auf bestimmte Speisen verzichtet. Das hat noch niemandem genützt.
lg. Matthäus
Matthäus
Juli 11, 2013>> wenn jehova und seine Organisation etwas von uns erwartet<<
…so werden wir nur dies beachten:
2.Kor. 12: 19 Ihr meint wohl, wir wollen uns vor euch nur verteidigen. Ganz und gar nicht; denn als Christen sind wir allein Gott verantwortlich.
lg. Matthäus
Pit an sarai
Juli 11, 2013um manche text des paulus zu verstehen muss man sich aber auch vor augen führen in welcher zeit die damaligen christen lebten.
sie waren immer der gefahr der verfolgung ausgesetzt.
somit war es nur gut, besser zu sein als andere. einen vorbildlichen lebenswandel zu führen, damit sie ja keinen anlass zur kritik geben wüden.
den schon die geringste verfehlung und man würde mit den fingern auf sie zeigen. und da ist rufmord nicht weit und mord folgt auf dem fuss.
wir haben aber keinen grund mehr uns gegen orthodoxe, nichtchristliche werte zu verteidigen. uns ist es vergönnt in christus und unserem gewissen zu leben.
nach den 2 geboten der liebe.